Backpackergeheimtipp?
Am dritten Januar kamen wir in der Stadt Parnaíba an, da es ein Sonntag war, fanden wir die Stadt wieder wie ausgestorben vor. Auch gab es keine Plätze mehr im nächsten Bus nach Camocim, also nahmen wir uns ein Taxi um in den Ort zu fahren, um dort einen Van zu suchen, der uns mitnehmen könnte. Das war echt die aufregendste Taxifahrt, die wir jemals hatten. Unser Fahrer war um die 70 Jahre alt, ziemlich gehörlos (ich musste mich mit ihm auf einem Zettel unterhalten) und die Lider hingen ihm so weit über den Augen, dass es ein Wunder war, dass sie nicht unterwegs zugefallen sind.
Wir waren also ziemlich deprimiert, weil nichts an dem Tag klappte, wie wir es wollten, bis der Opi uns fragte, wo unser Ziel ist und spontan meinte, er fährt uns für 200 R$ die fast 130km nach Camocim. Darauf schlugen wir ein, denn wir wollten vorwärts kommen und mit der Preis war mehr als fair (wir denken eher, dass unser liebenswerter Taxifahrer damit mehr miese als Gewinn gemacht hat).
Die Fahrt war wirklich ein Erlebnis für sich, rasant und relativ unkontrolliert. Ich habe die ganze Zeit unseren Fahrer durch den Spiegel beobachtet, ob seine Augen wohl noch zuklappen.



Dreimal machten wir Pause, zwei Mal davon besorgte sich unser Fahrer eine Cola, er war scheinbar tatsächlich sehr müde.
Wir kamen wahnsinnig erleichtert in Camocin an, von dort hätte er uns noch weiter gefahren, aber wir wollten unser Leben wirklich nicht noch einmal aufs Spiel setzen, also verabschiedeten wir uns und hofften inständig, er würde heil bei seiner Familie ankommen.
Gleich kam ein junger Mann herbeigeeilt und wollte uns eine Buggy-Fahrt (hier wird das tatsächlich „buggi“ ausgesprochen) andrehen, schließlich half er uns aber doch noch ein günstiges Hostel am Strand zu finden. Das Städtchen ist wunderschön, aber man merkte direkt, dass es nur als Durchgangsort dient und kein Urlauber hier lange bleibt. Lissy hatte ihren Appetit wiederbekommen und wir gingen eine langersehnte Pizza essen. Die war echt gut, nur danach war uns beiden schlecht, die Idee war wohl nicht so gut.





Am nächsten Morgen ging es dann in aller Frühe und topfit auf in den Ort, um eine Weiterfahrt zu unserem Zielort Jericoacoara zu suchen, der innerhalb eines Naturschutzgebietes liegt uns als Backpackerparadies und Geheimtipp gilt.



Die Fahrt ging mit einem Van nach Jijoca, wo man dann mit einem Jeep auf den Sandstraßen ins Naturschutzgebiet hineinfahren kann.







Im Vornherein hatte ich über Couchsurfing mit einer Frau in Jeri kommuniziert, die meinte, wenn wir beim Frühstück in ihrem Hostel helfen, können wir dort umsonst wohnen. Damit waren wir einverstanden, also ließen wir uns zu diesem Hostel bringen und diese Frau wirkte auch ganz nett, bis sie dann meinte, jeder von uns solle zwei Stunden Zimmer putzen und wir müssen beim Frühstück helfen. Ja gehen wir denn in einen Ferienort für drei Tage um den ganzen Tag zu putzen!?
Also sagten wir, dass uns das zu doof sei und wollten gehen, dann meinte sie, wir können ja trotzdem in ihrem Hostel bleiben, sie macht uns einen Freundschaftspreis. Ja genau, bestimmt! Der Freundschaftspreis war am Ende für 40R$ die Nacht in unserer eigenen Hängematte auf der Veranda zu schlafen. Ich weiß bis heute nicht, warum wir so blöd waren da zu bleiben. Das nächste Pech war dann, dass wir die drei Nächte im Voraus bezahlen mussten. Ab dem Zeitpunkt, wo das Geld über den Tisch ging, schaute uns die Besitzerin nicht mal mehr mit dem Hinterteil an.
Das war nicht die einzige Misere in diesem Hostel, der nächste Punkt ist, dass in diesem Hostel ausschließlich Spanisch gesprochen wurde, von allen! Wir waren wirklich enttäuscht und hielten uns dort deswegen auch nur die nötigste Zeit auf. Dafür ist das Örtchen, der Strand und vor allem das strahlend blaue Meer wunderschön, alles ist auf den Sand gebaut, die Stromleitungen sind im Sand vergraben, dadurch wirkt der Ort idyllisch und natürlich.









Unseren Mittag verbrachten wir am Strand und gegen fünf Uhr nachmittags fingen die Urlauber an, zur Sonnenuntergangsdüne zu pilgern.



Scheinbar kann man hier bei einem Sonnenuntergang das seltene Ereignis bestaunen, dass der Himmel, kurz bevor die Sonne ganz untergegangen ist smaragdgrün aufleuchtet. Das haben wir leider verpasst, denn die ganzen vier Abende war die Sonne am Horizont von Wolken bedeckt. Einen Abend machten wir es uns mit Wein gemütlich, der hatte nach drei Minuten eine sandige Note, aber das hatte auch etwas unvergessliches, mit einem Kuli mussten wir den Korken eindrücken, so war es schon ziemlich lustig bevor wir den ersten Schluck tranken.
Ein paar Bilder schossen wir auch:










Nach dem Sonnenuntergang gingen wir dann ins Hostel, wuschen uns das Salz ab und bummelten durch den Ort. Es gibt in Jeri jede Menge kleiner Boutiquen, Strandläden, Cocktailstände und Restaurants. Trotz dass es ein viel besuchter Ferienort ist, der im Normalfall ziemlich überteuert sein müsste, fanden wir alles ziemlich preiswert. Unser Pech war es, dass wir so ein blödes Hostel hatten, deshalb mussten wir jeden Abend ausgehen um zu Essen und konnten nichts kochen.
Dafür konnten wir uns ein bisschen durchs Angebot probieren, Shrimps, Nudeln, Pizza, Burger, alles war dabei...



Die Zeit des Erwachens im Hostel waren am Schlimmsten, es wurde ein unbeschreiblicher Lärm fabriziert, um halb sechs lief schon die Bohrmaschine, während wir frühstückten legten sich einfach Leute in unsere Hängematten und das Erschütterndste: Milchpulver statt Milch, Kaffee, Papaya, alter Kuchen und Butterbrötchen waren das komplette Frühstücksangebot und das Hostel wirbt am Eingang noch mit dem Frühstück, das war wirklich der größte Witz!

Mittags war es heiß aber entspannt, wir erkundeten ein bisschen die Umgebung zu Fuß, hätten wir mehr Zeit gehabt, hätten wir sicher noch einen Ausflug zu einem der Sightseeing-Punkte wie der „Pedra furada“ (gebohrter Stein) gemacht. War aber nicht schlimm, wir konnten die Zeit und den Ort auch so sehr genießen.





Gegen Spätnachmittag versammelten sich Schmuckverkäufer und die Cocktailwägen an der Straße zum Strand und man kann mit einem Caipi oder was auch immer man gerne mag herum schlendern. So haben wir auch einen undefinierbaren Drink ausprobiert, unser Barkeeper hatte nur nicht so die Maße im Kopf, deshalb bekam jeder von uns zwei, weil er so viel übrig hatte. „This is for you, for free“, der war echt knuffig.





Der Ort ist wirklich idyllisch und wir konnten die Zeit echt genießen, das Hostelproblem war Pech, aber auf der anderen Seite waren wir auch selbst schuld.
So viele Leute und Nationalitäten wie wir dort trafen ist Jeri eindeutig kein Geheimtipp mehr. Es gibt zwar viele Surfer, Stand Up Paddler und Kiter, dennoch denke ich, dass Jeri die längste Backpackerzeit hinter sich hat und der Ort bald zum Familienparadies wird.
Zwar war auch überall angeschrieben, man möge den Ort sauber halten, man konnte aber meilenweit trotzdem keinen Mülleimer finde, ein bisschen paradox, aber das wird sich ja hoffentlich noch ändern, denn schützen sollte man diese ungewöhnlich schöne Ortschaft auf jeden Fall.
Nach einer wunderschönen Zeit in Jericoacoara ging es also am vierten Tag nachts weiter.



Der Bus der uns abholte hatte auf der Hälfte vom Weg in die nächste Ortschaft schon kein Benzin mehr und wir mussten mit dreißig anderen Leuten eine gefühlte Ewigkeit warten. Irgendwie schafften wir es aber noch und weit nach Mitternacht saßen wir dann endlich in unserem Bus nach Fortaleza.

Beijo Lise