Donnerstag, 25. Februar 2016
Überleben im Dschungel
Am 23. Dezember machten wir uns auf, ungewiss, ob wir Weihnachten überleben würden, auf in den Urwald, den Amazonas mit seinen Bewohnern, Jaguare, Krokodile und Schlangen warteten in der Wildnis auf uns...
Naja ok, ganz so war das nicht. Die Company hat uns morgens mit einem Taxi zum Hafen gebracht, wo ein Schnellboot auf uns wartete. Mit uns waren noch zwei Deutsche, zwei Italiener und ein französisch sprechender Mann (wir konnten trotz Wette nicht herausfinden, wo er herkam) unterwegs.
Mit dem Boot ging es zum „Encontro das Àguas“, hier treffen sich der Fluss Rio Negro (wie der Name sagt, ist das Wasser schwarz gefärbt) und Rio Solimões (so wird hier der Rio Amazonas mit seiner bräunlich-gelblichen Farbe genannt). Sogar ein Temperaturunterschied ist zwischen den beiden Flüssen spürbar.



Auf der anderen Seite des Flusses stiegen wir dann in einen Bulli, der uns innerhalb von 1-2h weiter in der Dschungel brachte. Auf dem Weg gab es bunte Stelzenhäuser zu sehen, bei denen in der Regenzeit das Wasser bis zur Haustür hoch reicht.





In Manaus beträgt die Luftfeuchtigkeit trotz Trockenzeit gewöhnlich über 90% und auch wenn es jeden Tag regnet, reicht das Wasser kam ins Land. Irgendwo im Nirgendwo stiegen wir wieder auf ein Boot um, das uns zu unserer Unterkunft brachte, diese bestand aus einem Häuschen auf dem Fluss, das Küche und Aufenthaltsraum einschloss, weiter oben an Land fand sich ein Badhäuschen, Bungalows und ein Schlafsaal.





Nach dem Essen (Reis, Bohnen, Farofa und Fisch) gab es die erste Unternehmung: Piranhas fischen.
Ich hatte ziemlich Glück und habe mit dem Holzstecken, an der ein Faden hing 7 kleine Piranhas gefischt, zum Enttäuschen der Italiener, die leer ausgingen. Einen der sieben Fische hat mir unsere Guide zum Abendessen frittiert und ich habe diesen Leckerbissen gerne geteilt.





Vor dem Abendessen ging es aber noch los auf eine kleine Bootstour, auf der wir hofften ein paar Tiere zu sehen, das geschah aber leider nicht, dafür fing unser Guide einen Kaiman, den wir dann genau unter die Lupe nahmen. Da diese Tiere sehr kräftig sind, durften wir ihn nicht alleine halten, dafür hat er aber noch einen süßen kleinen Babykaiman gefangen.







Irgendwann nach dem Abendessen sind wir dann todmüde in unser durch Moskitonetz geschütztes Bett gekrabbelt. Nachts bin ich aufgewacht und konnte vor lauter Schmerzen im Ohr nicht mehr einschlafen, aber nach einer Tablette und einer Mütze voll Schlaf war der Heilige Morgen dann endlich gekommen.

Die Erklärung zu diesem Bäumchen:
Ich hatte einen Weihnachtsbaum, den man in einer Dose züchten kann von Deutschland aus mitgenommen, leider hat das nicht geklappt, also hat mit meine Mama aus Deutschland einen Miniplastiknadelbaum geschickt, damit wenigstens ein bisschen Weihnachtsstimmung aufkommt. Also ich finde er macht sich ganz gut.



Wir sind extra früh aufgestanden um den Sonnenaufgang auf dem Wasser zu sehen, bis unser Guide dann aber endlich kam war die Sonne schon da, auf bekamen wir außer ein paar Vögeln wieder keine Tiere zu sehen. In dieser Hinsicht war der Morgen echt ein bisschen enttäuschend, die idyllische Stille aber unglaublich schön.



Nach dem Frühstück wurde es dann interessant, endlich ging es IN den Wald. Der Regenwald ist wirklich sehr beeindruckend, die Bäume sind riesig hoch und stehen dicht, überall hört man Vögel und manchmal auch einen Affen schreien. Der Guide hat uns auch ein paar Überlebenstipps gegeben, zum Beispiel zeigte er uns eine Pflanze namens „Ambé“ deren Rinde als Tee gekocht gut gegen Magen-Darm Infekte und ähnliches ist. (Das hätten wir mal in Belém gebraucht, aber dazu komme ich irgendwann noch.)
Wenn man in Not ist sollte man mit einem Ast auf den Baum „Sapopemba“ schlagen, der dient durch seine Schallverstärkung im Dschungel als Kommunikationsmittel. Um den Hunger in Schach zu halten sollte man Paranüsse essen, ist nur fragwürdig, wie man die von so hoch oben zu einem runter bekommt, aber in der Not gell....
Der Regenwald war auf jeden Fall ein tolles Erlebnis und an den unberührten Stellen ist die Natur wunderschön idyllisch und vor allem beeindruckend, ich kann das Gefühl gar nicht richtig beschreiben. Aber ich bin der Meinung, jeder der einmal dort war und die Schönheit und vorallem die Notwendigkeit für die Erde erkannt hat, ändert sein Weltbild ein Stück weit.








Nach dem Essen ging es auch schon wieder auf dem gleichen Weg zurück nach Manaus wie wir gekommen sind, wo uns ein sehr verblüffender Weihnachtsabend erwartete:
Den Abend verbrachten wir auf dem Dach, redeten mit Rafael und bestaunten die Skyline Manaus', das Abendessen war bombastisch: Arme Ritter, Lasagne, ein gefülltes Huhn, Nudeln, Salat und natürlich Reis.



Was für uns ein bisschen befremdlich war, war, dass wir den Abend weitestgehend allein mit Rafael verbracht haben, keine Spur von familiärer Besinnlichkeit, wenn man nicht gewusst hätte das Weihnachten ist, hätte es auch Silvester sein können, denn hier wird erst um Mitternacht gefeiert und überall Feuerwerk abgeschossen, danach stößt man an und wünscht sich Frohe Weihnachten.

Vorher aber um 22 Uhr ungefähr fiel der Strom aus, das hielt auch mehrere Stunden an. Aber wisst ihr was das krasse daran war? In der Nähe von Rafaels Haus stehen ein paar Gebäude der „Assembleia de Deus“, wisst ihr, die Kirche in die Manu auch geht und wo ich auch schon gruselige Erfahrungen gemacht habe. Und dieses Gelände war die ganze Nacht beleuchtet, als ob es den Leuten sagen will: Schaut her, hier leuchtet Gottes Licht für Euch!
Da fragt man sich doch wie das sein kann, das einzige Gelände, das einen eigenen Generator hat und damit auch eine Säule beleuchtet auf der „Jesus“ steht, die über das Viertel strahlt. Ich bin immer noch sprachlos... Immer wieder frage ich mich wie es sein kann, dass die Assembleia in Brasilien die größte Kirche ist, hinterfragt denn keiner was da so vor sich geht, wo das Geld hinfließt, das man monatlich zahlen muss und ob es nicht ein bisschen kurzsichtig ist, wenn nur die Anhänger dieses Glaubens von Jesus gerettet werden am Ende ihres Lebens?
Neulich habe ich mit Manu darüber geredet, wie es für sie ist, jemandem in ihrem Haus auf zu nehmen, der ihres Glaubens nach nicht gerettet wird, wisst ihr ich glaube sie ist nicht so eine strenge Anhängerin, sie meint dann nämlich, dass jeder Mensch die Bibel selbst entdecken muss und wenn er das tut und sein Leben dann ändert und zu Gott hinwendet, dann wird er auch errettet werden. Die Glaubensschwester Neide, die ständig bei meiner Gastmutter ist, dagegen denkt glaube ich, dass bei mir Hopfen und Malz verloren ist und ich bin nur Abschaum oder so, jedes mal sag ich freundlich Hallo und sie schaut mich nicht einmal mit dem Popo an. Ich glaube Manu hat was zu ihr gesagt, weil jetzt läuft sie immer um das Haus, dann kommt sie gar nicht erst an mir vorbei. Wenn das ihre Glaube ist gut, aber ich denke nicht, dass es sie zu einem besseren Menschen macht, in der Bibel heißt es doch: „Du sollst Deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Matthäus 22,39)

Zurück zum Thema:
Weihnachten war recht unweihnachtlich, aber ich bin froh, das mal erlebt zu haben, als wir später im Bett lagen habe ich mit Vera telefoniert, bei ihr war es ziemlich ähnlich, es gab essen, man hat auf Mitternacht gewartet, Feuerwerk, alle umarmen und dann war Weihnachten ziemlich schnell erledigt. Es gab auch nur für den kleinen Jungen der Familie ein Geschenk, wie und wo und wann das übergeben wurde haben wir gar nicht mitbekommen. Auch durch die Hitze und dass wir im T-Shirt draußen saßen kam für mich keine weihnachtliche Stimmung auf, aber ich denke das ist wohl Gewohnheit.



Ein bisschen Weihnachten für mich als ich endlich die Päckchen meiner Familie aufmachen durfte, die ich von Cáceres nach Manaus geschleppt habe. Da hab ich mich wirklich sehr gefreut. Danke auch an alle anderen die mir Weihnachtsgrüße geschickt haben.

Am nächsten Tag war Feiertag und es gab nicht wirklich etwas zu tun, also gingen wir in einen kleinen Park und genossen den Tag ganz gemütlich mit der Familie. Abends packten wir unsere Sachen, denn am nächsten Morgen sollte es mit dem Boot weiter gehen, auf dem Weg dorthin, hielten wir an und Rafael zeigte und ein paar Holzhüttchen am Fluss, die während der Regenzeit am Berg entlang nach oben geschoben werden, um nicht zu überfluten, andere dagegen werden mit steigendem Wasser schwimmen. Mich hat es eher gewundert das die Häuser aus Bretter und Planen nicht auseinander gefallen sind, aber es erstaunt mich immer wieder, wie praktisch die meisten Brasilianer sind, aus allem ist noch etwas rauszuholen.

Manaus ist zwar nicht die schönste Stadt, die uns auf der Reise begegnet ist, aber durch die vielen Kolonialbauten, die umliegenden Wälder und den Amazonas hat Manaus einen ganz eigenen Charme. Und so ging unsere wunderschöne Zeit bei Rafael und seiner Familie, in der Stadt inmitten des Regenwaldes, zu Ende.



Beijo Lise



Mittwoch, 17. Februar 2016
Und los gehts....
Am Montagmorgen standen wir um vier auf, sogar meine Gastmama ist kurz aufgestanden um uns zu verabschieden. Mit Manu wartet wir dann auf den Van, es ging alles gut und wir kamen am Flughafen an, machten den Check-in und gingen Kaffee trinken.
Ein Tipp: 20 min vor dem Abflug zur Handgepäckkontrolle zu gehen ist eigentlich zu spät, aber man wird dafür persönlich zum Flugzeug gebracht. Ein Erlebnis für sich, bemerkenswerterweise war aber niemand sauer oder genervt deshalb. Und so ging es über Porto Velho nach Manaus, die Stadt, mitten im Amazonas, dort holte uns Rafael ab, den ich schon vom Austausch 2013/2014 kenne. Auf dem Weg zu seinem Haus erklärten er und sein Stiefvater einige Dinge, zum Beispiel, dass das Viertel in dem sie wohnen nach einem Vogel benannt wurde, denn früher gab es in dem Gebiet besonders viele Japiim.
Rafaels Mutter begrüßte uns herzlich und hieß uns willkommen in ihrem Haus.

Unsere Schlafgelegenheit:



Später fuhren wir ins Zentrum und besuchten den „Praça da saudade“ (Platz der Sehnsucht), das Theater mit seiner Weihnachtsdekoration und eine indigene Kunstgalerie.



Zum Abendessen gab es nach einem Eis noch Bällchen aus Maniokmehl und Fisch und wir probierten das Amazonasgericht Tacacá (eine Suppe aus Maniok, dem Gewürz Jambú, Algenähnlichem Grünzeug und Shrimps). Nach einem Tag voller Eindrücke fielen wir abends ins Bett.
Am nächsten Morgen gab es das beste Frühstück, dass ich in Brasilien bis jetzt hatt: Kuchen, Panetone, Ei, Brot, Kaffee, ein Brötchen mit Tucumán (eine orangene Amazonasfrucht), eine lila Frucht, die nach nichts schmeckt und Pamonha (so etwas wie Maiskuchen). Danach waren wir so voll, dass es bis zum Abendessen gereicht hat.
Im Zentrum haben wir alles, was wir bei Nacht gesehen haben, noch einmal angeschaut, dann waren wir in einer Austellung über indigene Legenden (sah aus wie Kindergemälde, zu Indiomärchen) und in einem ehemaligen Gerichtsgebäude, das noch aus der Kolonialzeit stammt.





Als wir danach in der Selbstbedienungseisdiele alle Früchte ausprobieren wollten, die wir nicht kannten (Açaí, Cupuaçu, Tucumán,...), rief mich die Kassiererin zu sich und gab mir Lissys Kamera zurück, die wir scheinbar am Vortag vergessen hatten. Wir hatten es nicht einmal gemerkt.. Chaosqueens, das kann ja mal etwas werden, wenn die Reise schon so anfängt.
Am gleichen Tag buchten wir noch unsere Tour in den Regenwald und unsere Weiterfahrt nach Belém nach Weihnachten. Wir waren bei gefühlten zehn Companies und haben uns dann tatsächlich für die Erste entschieden. Mit dem Schiff nach Belém war es auch nicht so einfach, nach einer Weile fanden wir dann aber ein vermeintlich gutes Angebot, mit Hängematte, vier Tage nach Belém für 280 R$ (ca.70€) pro Person. Warum das der größte Fehler war erfahrt ihr in einem der nächsten Beiträge.
Den Abend ließen wir zusammen mit noch einem Freund von Rafael ausklingen.

Wisst ihr, oft habe ich Zweifel, ob das mit der Sprache so gut läuft und ob ich jemals gut portugiesisch sprechen werde, aber seit Lissy da ist, bin ich die ganze Zeit am Übersetzen und obwohl das auf Dauer doch ganz schön anstrengend ist, gibt mir das das Gefühl, dass ich wirklich viel verstehe und ich glaube Rafael war auch erstaunt, wie gut die Verständigung läuft. Mittlerweile finde ich es auch nicht mehr so schwer etwas zu verstehen, bei dem ich nicht direkt angesprochen werde. Ich denke ich kann schon ganz schön zufrieden sein mit meinem Können, nach den Ferien möchte ich aber trotzdem gerne einen Portugiesischkurs machen, um auch die Grammatik besser zu beherrschen. Irgendwann habe ich mich so ans Übersetzen gewöhnt, dass ich sogar die englischen Sätze weitergegeben habe, ohne zu merken, dass die Sprache gewechselt wurde...

Beijo Lise



Freitag, 5. Februar 2016
Komm mit, ich zeige dir mein Leben
Dass dies, in den nächsten Tagen, genau das sein würde, was ich tun werde wurde mir erst klar, als ich mich auf den Weg machte, meine Freundin Lissy vom Flughafen abzuholen.
Am Tag ihrer Ankunft sollte mich ein Van um 11 Uhr abholen, mit der Uhrzeit hatte das nicht so geklappt,ich kam aber trotzdem frühzeitig am Flughafen an. Meine Hände zitterten...hoffentlich sitzt sie im Flieger...Zwar hatte dieser eine dreiviertel Stunde Verspätung, aber es ist alles gut gegangen und wir konnten uns überglücklich in die Arme fallen.
Den Van für dir Rückfahrt erreichte ich nur über viele Umwege, aber es ging tatsächlich alles glatt und wir kamen um Mitternacht endlich in Cáceres an. Auf der Fahrt wurde mir klar, dass ich in den nächsten zwei Tagen Lissy mein Leben zeigen würde, denn genau das ist es für mich mittlerweile geworden, keine Reise mehr, sondern ein Zuhause, zwar nur für ein Jahr, aber trotzdem mein Alltag und meine Arbeit.
Am nächsten Morgen lernte Lissy dann endlich meine Gastfamilie kennen, die sie wie erwartet herzlich aufgenommen hat. Dieser Morgen war gleichzeitig der Geburtstag meiner Gastmutter und Manu, meine Gastmama hat sich wahnsinnig darüber gefreut, dass ich ihren Geburtstag nicht vergessen hatte und hat gleich angefangen, den Stoff, den ich ihr geschenkt hatte zu einem Kleid für Silvester zu verarbeiten. Auch Manu hat sich sehr über ein T-Shirt und Gummibärchen gefreut. Nach dem Mittagessen und einem meiner beliebten Schokokuchen fuhren Vera, Lissy und ich zum Projekt, um Lissy unseren Arbeitsplatz zu zeigen. Es gibt ja ziemlich viele Bilder vom Projekt, aber wenn man tatsächlich da ist, ist es noch einmal ein bisschen anders. Danach zeigten wir ihr das Zentrum, in Cáceres gibt es leider nicht allzu viel zu sehen, aber ich denke es war trotzdem interessant mein Leben kennenzulernen.
Abends schabten wir für ein paar Freunde Kässpätzle.

Am Sonntagvormittag machten wir uns mit dem Fahrrad auf den Weg zum Wasserfall Periputanga. Für mich war es erstaunlich zu sehen, wie sich die Natur in den vier Monaten, in denen ich hier nicht vorbeikam, veränderte, von braun, staubig und trocken zu einer strahlend grün bewachsenen Landschaft. Mich hat es auch gefreut, dass ich so viele Früchte und Pflanzen kannte und Lissy oft erklären konnte, wie man was benutzt.
Es hat mich auch glücklich gemacht, dass ich mal wieder Zeit mit Manu verbringen konnte, die ich in letzter Zeit wirklich kaum gesehen habe, obwohl wir im selben Haus wohnen.
Am Wasserfall hatten wir viel Spaß beim Baden und Wassermelone essen.





Auf Wunsch fuhren wir dann schon in der Mittagshitze nach Cáceres zurück. Für Abends verabredeten wir uns zum Açai (eine Frucht aus dem Amazonas) essen. Vera hat mir zum Abschied einen Schokonikolaus geschenkt, den sie mir eigentlich an Nikolaus schon in einen Schuh stecken wollte, süß oder? Ich habe mich wirklich wahnsinnig gefreut, danke noch einmal!



So ging mein letzter Tag in Cáceres vor der Reise zu Ende...

Beijo Lise