Sonntag, 29. November 2015
Bolivienreise Teil 1
Hier ein paar Eindrücke meiner Bolivienreise für euch, ich habe mir überlegt, weniger Text und mehr Bilder dieses Mal.

In der Nacht nach meinem 19. Geburtstag (Freitag der 13.!) ging es endlich los auf unsere erste Reise, ohne Plan, ohne Sprach- oder sonstige Landeskenntnisse. Unser Ziel: Die Salzwüste Boliviens.

Wir nahmen den frühstmöglichsten Bus nach Bolivien, hat auch super geklappt, nur dann -Pustekuchen- die Bolivianer haben die Uhr nicht auf Sommerzeit umgestellt, also durften wir eine ganze Weile warten, bis das Migrationsbüro aufmachte und die Busse fuhren, somit gab es ein Frühstück am Straßenrand.



Endlich in unserem Bus in die 18 Stunden entfernte Stadt Santa Cruz trafen wir den Cácerensen Gualter, mit ihm sprachen wir viel über Bolivien, Brasilien und was uns sonst noch so einfiel. Erst spendierte er uns ein Abendessen und dann beim Abschied drückte er jedem von uns 100 Dollar und zusätzlich noch einmal 100 Bolivianos in die Hand. Krass oder? Wir kannten den Mann gerade ein paar Stunden. Ich glaube das war wirklich ein Zeichen, so viel Herz! Ich glaube wir haben auch ein bisschen Vatergefühle bei ihm geweckt, zwei kleine deutsche Mädels auf dem Weg ins Unbekannte.



Am Flughafen buchten wir nach langem Warten und Suchen einen Flug von Santa Cruz nach Cochabamba und in letzter Sekunde bekamen wir dann schnell noch einen Flug von Cochabama nach Sucre, der Hauptstadt Boliviens. Viele denken, La Paz sei die Hauptstadt Boliviens, das ist aber ein Irrtum, die Regierung sitzt zwar in La Paz, die Hauptstadt ist dennoch Sucre.



Am Flughafen drückte uns gleich jemand einen Flyer eines Hostels in die Hand, dass wir dann auch gleich ansteuerten.
Na, wer sieht den Fehler in dem Taxi, das uns zum Hostel gefahren hat?
So sehen fast alle Taxen hier aus.



Den Tag verbrachten wir in der Stadt, auf dem Markt und in einem Museum, abends schauten wir uns eine traditionelle Ausdruckstanzshow an.



An diesem Samstag erfuhren wir erst von dem schrecklichen Attentat in Paris, was unseren Abend erheblich stauchte, dazu kam noch die Nachricht von dem Autounfall eines Projektkindes, das zu diesem Zeitpunkt im Koma lag. (Heute ist er auf dem Weg der Besserung, nicht mehr im Koma, wird aber noch künstlich ernährt..und man darf ihn noch immer nicht besuchen). Der Tiefpunkt des Tages war aber der überfahrene Mann vor unserem Hostel. Ein schlechteres Tagesende kann man sich kaum vorstellen.

Die ganzen Geschehnisse hinter uns lassend ging es am nächsten Tag auf einen Markt.



Mittags ging es dann weiter nach Potosi und von dort aus zu unserem Zielort Uyuni.
Dort wurden wir wieder gleich von jemandem belabert der uns dieses Mal eine Tour durch die Wüste und ein Hostel für die Nacht anbot. Wir waren erschöpft von der Fahrt und es war spät, also gingen wir trotz meines schlechten Gefühles mit der Frau und schliefen mehr oder weniger gut in einem annehmbaren Hostel.

Uyuni:



Am nächsten Morgen holte uns die gleiche Frau früh ab, dass wir auch ja nicht eine andere Company nach Touren fragen können. Ich fand sie hat uns schon ganz schön gedrängt und ich hatte auch wirklich kein gutes Gefühl, ich kann es nicht leiden wenn man gleich so aufdringlich wird. Als wir sagten wir wollen erst etwas essen und vielleicht noch ein bisschen vergleichen, war die Tour gleich nochmal 100 Bolivianos billiger.
Also ging es dann doch los mit Sandra Tours, die versprochenen Deutschen waren Französisch sprechende Schweizer, die ihnen versprochenen Britinnen waren wir, aber sonst gab es keine leeren Versprechungen. Die Gruppe bestand dann also aus zwei Peruanern, zwei Schweizer, ein Belgier und uns beiden, dazu kam noch ein sehr unmotivierter Guide..ich habs geahnt...

Der erste (sehr touristische) Stopp waren alte Eisenbahnwagons aus Frankreich, die benutzt wurden um das Silber an die Küste zu bringen.



Dann ging es endlich hinein in die Salzwüste, haben uns das alle etwas weißer vorgestellt, aber das ist wohl Tag und Standort abhängig. Die Salzwüste, die für ihre lustigen Schnappschüsse bekannt ist, hat eine Fläche von über 10500 km² und die Salzschicht ist bis zu ist bis zu 30 m dick.







Am Abend kamen wir in unserem ersten „Salzhotel“ an, dass am Fuße des Vulkans Tunupa (auf deutsch so etwas wie Postbote) tatsächlich aus Salz gebaut wurde. Hier gab es einen Haufen Lamas, ein bisschen wie dort stelle ich mir Irland vor...



Der zweite Tag der Tour begann mit dem Aufstieg auf den Vulkan und einer Mumienbesichtigung. In der Höhle saß eine ganze, konservierte getötete Familie, richtig interessant war es nicht, haben den Höhlenguide auch kaum verstanden, so ohne Zähne und auf Spanisch.



Danach ging es voll aufwärts, der Vulkan ist fast 5000m über dem Meeresspiegel hoch, wir waren ungefähr bei 4500m, das hat aber schon gereicht, es ist wirklich sehr, sehr anstrengend bei so dünner Luft einen Berg hoch zu wandern. Der Ausblick ist aber unvergesslich! Man steht auf einem grau-braun-grünen Berg und sieht auf eine weiße Fläche runter, ziemlich strange, normalerweise ist es doch andersherum oder? Man steht auf einem Berg voll Schnee und schaut auf einen blauen See oder ein grünes Tal oder so. Unglaublich.





Nach dem Mittagessen war der nächste Stopp eine Kakteeninsel in der Salzwüste. Nicht sehr spektakulär, aber war trotzdem ganz witzig da oben.



Die Tourgruppe wurde nach diesem Abstecher ein bisschen durchgetauscht, der Belgier und die Peruaner fuhren zurück nach Uyuni, dafür trat ein italienisches Paar bei. Und so ging es weiter, zum nächsten Salzhotel in dem wir dieses Mal in echten Salzbetten übernachteten.



Das war der erste Part unserer kleinen Reise durch Bolivien, leiden hat es sehr lange gedauert, die Bilder hoch zu laden, aber jetzt habe ich es endlich geschafft.
Ich hoffe euch gefallen die Eindrücke...Fortsetzung folgt...

Adios! Lise




Dienstag, 13. Oktober 2015
Ferien auf dem Bauernhof
Wieder einmal liegt ein langes Wochenende hinter mir. Am Dienstag war Geburtstag von Cáceres, also war am Montag Brückentag.
Mein Wochenende habe ich mit Vera auf dem Assentamento Roseli Nunes verbracht. Wie ich schon einmal erzählt habe, besetzt die Landlosenbewegung MST ungenutzte Landflächen, diese Lager nennen sich Acampamento, sobald der gerichtliche Prozess dann gewonnen ist und das Land der MST zugesprochen wurde, werden Lotes (Landstücke) an die besetzenden Familien verteilt, die schon am längsten auf Land warten. Auf diesen Landflächen errichten die meisten eine Art Bauernhof, einige mehr andere weniger, das kommt auch immer auf die Vorgeschichte der jeweiligen Familie an. Die Familie von Lucas, die wir zwei Tage besucht haben hat zwar beispielsweise Schweine und einen Gemüsegarten, die Eltern arbeiten aber hauptberuflich als Lehrer bzw. der Vater als Maurer.
Am Samstagnachmittag ging es also mit dem Bus los zum Sítio (Bauernhof).
In Mirassol wurden wir dann mit dem Bus abgeholt, denn das Assentamento ist riesig und anders nicht zu erreichen. Abendessen gab es auch dem Hof von Matheus, unter Anderem wurde auch Rindermagen aufgetischt. Es war eine Erfahrung wert das zu probieren, muss aber nicht noch einmal sein.
Die Nacht war viel kühler als in der Stadt und auch viel ruhiger. Keine kläffenden Straßenhunde, keine Motorräder oder Autos und auch keine Partys an jeder Ecke. Das war total entspannend, bis es am nächsten Morgen los ging, die Haushunde bellten und die Kühe schrien. Als Vera und ich um neun aufstanden war es schon viel zu spät um Kühe zu melken. Dafür hatten wir die Chance mit einem alten Traktor das Landstück von Matheus' Familie ab zu fahren.



Unterwegs trafen wir noch mehr Rinder, darunter auch ein totes, das aussah als hätte jemand die Luft abgelassen. Noch nie habe ich ein totes Tier dieser Größe irgendwo liegen sehen. Ich glaube, würde auf einer Wiese in Deutschland eine Kuh sterben, würde man gleich ein Drama beginnen, hier lässt man es einfach liegen. Nach unseren kleinen Tour ging es dann zum Hof von Lucas, dort hatten der Vater und der Opa gerade ein Schwein geschlachtet. Fasziniert von den Innereien haben wir alles angefasst und genau unter die Lupe genommen. Die Umstehenden fanden das glaube ich ziemlich witzig, aber trotzdem auch cool. Lucas vergleicht uns ständig mit den zwei Mädels vom Austausch 2012 die in seinem Haus wohnten, das ist manchmal ziemlich ermüdend aber wir schneiden eigentlich immer gut ab, denn die beiden waren wohl nicht so motiviert auf einem Bauernhof ein paar Tage zu verbringen. Mich hat es jedenfalls nicht abgeschreckt, das Schwein so zu sehen. Das nächste Mal möchte ich dann dabei sein, wenn es geschlachtet wird.
Nach einer kleinen Runde durch die Natur rund um das Haus gab es dann besagtes Schwein, zusammen mit Reis und anderen Beilagen.



Von der Zunge bis zum Darmausgang alles am Stück. Hier die Zunge mit Luft-und Speißeröhreneingang, ist das nicht interessant?



Nachmittags ging es dann zum Fußballspielen auf einem der 10 Plätze, die das Assentamento hat, krass oder? Aber am beeindruckendsten finde ich, dass das komplette Gelände des Assentamentos, das heute in 331 Lotes aufgeteilt ist, einem einzigen Typen gehört hat, der dieses Land überhaupt nicht genutzt hat. Da die Häuser soweit auseinander stehen, kann man dort abends nicht ausgehen, also machten wir einen Filmabend mit „Olga Bernário“, den Film haben sich Vera und ich gewünscht, weil wir keine Lust mehr auf eine niveaulose brasilianische Komödie hatten. Olga Bernário ist bis heute ein Vorbild für die sozialistische Bewegung der Landlosen. Im Zweiten Weltkrieg hat sie rebelliert und starb am Ende in einer der Gaskammern, der Film erzählt ihren Kampf, bis zum Ende.
Am Montagmittag haben wir die Schule des Assentamentos besucht, diese ist eigentlich wie die anderen Schulen hier auch, nur können die Schüler noch einen Agrarteil dazu wählen, da wird dann Agrarkultur, -wirtschaft und so weiter behandelt.



Danach waren wir kurz auf dem Hof von Matheus um die Kühe zu füttern, das war zu viert nicht viel Arbeit. Zum Fressen kam dann auch das Pferd (woher auch immer, das kann keiner so genau sagen). Also ritten wir spontan noch eine Runde (natürlich nicht allein).



Abends sprach ich mit Lucas' Mutter, sie erzählte mir, wie sie zu der Bewegung kam. Viele Leute treten bei, weil sie arm sind und kein Land besitzen, nichts haben. Bei ihr war es anders, ihre Freundin hat sie dazu gebracht, sie kannte die MST aber schon. Da sie sehr viel über Heilpflanzen weiß, bat ihre Freundin sie auf ein Acampamento zu begleiten. (Sie und ihre Kinder waren noch nie bei einem Arzt). Also ging sie hin, half den Menschen dort und war wahnsinnig beeindruckt von ihrem Leben. Sie und ihr Ehemann traten der MST bei und besetzten Land. Die Zeit dort sieht sie als die Schönste ihres Lebens, sie würde sofort zurück auf ein Acampamento gehen, wenn sie es entscheiden könnte. Kaum vorzustellen oder? Ich dachte immer, die Leute treten nur aus Verzweiflung bei, aber scheinbar ist das nicht immer so.
Nachts haben wir uns ein bisschen raus gesetzt und die Sterne angeschaut, unglaublich wie viele man dort draußen sehen kann! Der Himmel war wunderschön und ich bekam sogar die erste Sternschnuppe in meinem Leben zu sehen.
Am nächsten Morgen ging es dann früh los zu einem Acampamento in der Nähe. Leider gibt es davon nur ein Foto, aus dem Auto heraus fotografiert. Da das Acampamento Pedro erst ein paar Monate alt ist, durften wir eigentlich keine Fotos schießen. Den genauen Grund habe ich nicht verstanden.



Als wir dort waren und durch die Holzbarackenstadt liefen, in der zur Zeit über 200 Familien wohnen, wurden wir von allen Seiten begrüßt. Die Menschen dort waren sehr offen uns gegenüber und erzählten, wie es ihnen auf dem besetzten Land geht. Ein älterer Mann, bei dem wir anhielten um Kaffee zu trinken meinte er würde niemals wieder weg wollen. Er liebt das Leben auf dem Acampamento. Auch am Eingang des Geländes hing ein Plakat: „Lieber im Kampf sterben, als aus Hunger“
Die Einstellung der Menschen dort fasziniert mich immer noch sehr. Auch das die Leute schon so organisiert sind. Beispielsweise gibt es Uhrzeiten wann Wäsche gewaschen wird, wann die Frauen und wann die Männer baden können. Fast bei jeder Baracke befindet sich ein kleines Beet, in dem Salat oder Frühlingszwiebel angebaut werden.
Wir wunderten uns, ob die Fläche auf denen die Baracken stehen schon immer so kahl war, denn man kann ja nicht unauffällig eine so große Fläche plattmachen. Ein Mann erklärte uns dann, dass bevor eine Besetzung gestartet wird, eine kleine Gruppe von Mitgliedern der MST das gesamte Gelände unter die Lupe nimmt, dann werden die Familien, die die Besetzung vornehmen herausgesucht und angeworben, auch ist klar eingeteilt, wer wie viel Platz bekommt.

Auf dem Weg zurück nach Cáceres hielten wir noch auf dem Acampamento Casio Ramos, welches ein bisschen kleiner ist und schon seit über einem Jahr am Ortseingang von Cáceres besteht. Diese Besetzung unterscheidet sich sehr stark von der anderen. Da es an diesem Standort keinen Wald o.ä. Gibt, sind die Baracken viel improvisierter, z.B. mit Plastikfoliendach.
Auch gibt es keine Wasserstelle in der Nähe, was vieles erschwert, ich denke auch weil das Acampamento so nahe an der Stadt ist, leben viele nur zu Hälfte dort. Eine Frau meint, nur 20 Personen sind ständig da und leben wirklich nur auf dem besetzten Land. Vermutlich verlangsamt das auch den ganzen Prozess mit der Justiz. Allgemein wirkten auf mich die Leute auf dem ersten Acampamento zufriedener als dort.

Als ich wieder zuhause war, wartete meine Gastfamilie auf mich, meine Gastmutter und Rafaela kamen endlich zurück, ich habe mich den ganzen Tag auf die beiden und Manu gefreut.

Hat wieder ziemlich lange gedauert bis ich den Beitrag fertig hatte, die letzte Woche war von Mittwoch bis Sonntag ein Rodeofestival in Cáceres, das mir ziemlich viel Schlaf und Zeit geraubt hat. War aber eine interessante Erfahrung, ich wusste ja das Rodeo gefährlich ist, jetzt bin ich auch der Meinung, dass es ziemlich dämlich ist, 8 Sekunden auf einem Bullen zu sitzen, runter zu fallen und dann vielleicht zerquetscht zu werden. Jedem das Seine nicht wahr?

Beijos Lise




Donnerstag, 1. Oktober 2015
Unglaublich. Schon 2 Monate hier.
Heute sind wir seit genau 2 Monaten in Cáceres. Ich kann gar nicht glauben, dass morgen schon Oktober ist, es fühlt sich überhaupt nicht so an. Tagsüber ist es gerade weniger heiß, trotzdem immer noch über 30°C.
Ich habe mich echt gut eingelebt und kenne mich auch in der Stadt einigermaßen gut aus. Manchmal ist es ein bisschen schwierig, zum Beispiel heute war ich unterwegs um einen Adapter zu kaufen, Google meinte ich muss noch ewig die Straße entlang fahren, dabei war ich schon längst vorbei. Am Ende war ich dann doch ganz glücklich, weil sie da hatten was ich wollte und ich jetzt endlich wieder Strom für mein Laptop habe.
Auch im Projekt habe ich gemerkt, dass wir doch noch einiges nicht wissen, so erfuhr ich heute nebenbei, dass das Projekt nicht nur ein Konto bei der Bäckerei und beim Supermarkt hat, sondern auch beim Schreibwarenladen, das seit 2 Monaten nicht bezahlt wurde, also bin ich heute gleich hingefahren um zu fragen, wie riesig die Rechnung denn ist, die ich begleichen sollte.

Jetzt sitze ich zu Hause und es hat schon wieder angefangen zu regnen, ich frage mich gerade immer: Wie ist der Regen in der Regenzeit? Nur ganz kurz, dafür aber heftig? Oder den ganzen Tag, aber nur Niesel? Als ich Manu danach gefragt habe meinte sie, sie wisse es auch nicht, ich bin schon echt gespannt. Oder hat die Regenzeit schon begonnen? Und was macht man dann den ganzen Tag, wenn bei ein bisschen Regen, so wie jetzt schon alles ausfällt. Und wie verkraftet das das Haus, in das es jetzt schon an zwei Stellen hereinregnet? Ich habe so viele Fragen und keiner kann sie mir beantworten...

Nächste Woche tauschen Vera und ich die Gruppen, sie wird dann vormittags und ich nachmittags ins Projekt gehen. Ein bisschen schade finde ich es schon, jetzt habe ich die kleinen so sehr lieb gewonnen und muss schon wechseln. Ich denke auch die Actividades für die größeren sollten anspruchsvoller sein als irgendwelche Bildchen zu malen, das macht mir bammel, mal sehen wie ich das hinbekomme, ich werde euch auf jeden Fall davon berichten.

Und noch etwas wird sich in den nächsten Tagen ändern:
Meine Gastmutter kommt von ihrer Reise zurück, darauf freue ich mich schon, dann bin ich nicht mehr so viel alleine zu Hause, aber ein bisschen Zweifel habe ich schon, denn sie wird Manus Schwester mitbringen, die vor ca. vier Wochen ihr Baby bekommen hat. Ich bin gespannt, ob ich dann überhaupt noch schlafen kann, wenn der kleine Israel die ganze Zeit Hunger hat.

Was mich immer wieder freut ist, dass ich immer mehr verstehe, was die Leute erzählen oder von mir wollen. Manchmal sage oder höre ich ein Wort und denke: Wow, am Anfang konnte ich das noch nicht. Das freut mich dann immer wahnsinnig. Auch die Leute um mich herum merken das, neulich hat mir einer etwas erzählt und dann etwas gefragt und ich habe ich ihm schon geantwortet, dann hat er angefangen es noch mal zu erklären, plötzlich gestoppt und gemeint: „Ach, ich muss es dir ja gar nicht erklären.“ Da haben wir beide gelacht und mich freut das, wenn er das merkt, dann bin ich weniger die kleine Lise der man alles doppelt und dreifach erklären muss.

Ich bin gerade wirklich glücklich hier zu sein und auch froh, meine Erfahrungen mit euch teilen zu können.

Die Arbeit im Projekt kann auch auf Facebook verfolgt werden, da werden ständig Bilder mit einer kurzen Erklärung gepostet, natürlich auf beiden Sprachen. -> Projeto Gonçalinho.

Beijos Lise



Dienstag, 22. September 2015
Woche über Indios
Letzte Woche war das erste Treffen mit den Jugendlichen des Austausches, bei dem Vera und ich dabei sein konnten. Die Gruppe, die im Januar nach Deutschland fliegt, besteht dieses Jahr aus drei Mitgliedern der MST, zwei Chiquitanos (Indigener Stamm), drei Studenten und drei Jugendlichen, die das Gonçalinho-Projekt vertreten werden.
Dienstagmorgen haben wir uns alle im Projekt getroffen und Gruppenspiele gespielt. Später habe ich mich mit einem der Chiquitanos unterhalten, Guiherme hat mir Bilder und Video von der Tanzgruppe, seines Dorfes gezeigt. Schon als wir letztes Jahr das Dorf besucht haben war ich total begeistert von der Kultur. Er hatte auch Schmuck mitgebracht, den er aus Samen selbst gemacht hat, er macht sogar seine Ohrringe selbst, was mich total beeindruckt hat. Auch die Kinder fanden die beiden Indigenen wahnsinnig interessant. Ich kenne jetzt sogar ein paar neue Wort auf ihrer Sprache: (ein bisschen Zungenbrecherisch, aber ich habe es mir extra aufschreiben lassen)
ichinhaka – Ja
chichinhaka – Nein
tchapié - Danke
mastakama – hübsch

encontro

Nach der Mittagspause ging es dann in die Uni, wo Vera und ich ein bisschen Deutschunterricht gaben. Nur Basics, wie zum Beispiel sich vorstellen und sagen, wie alt man ist. Wir machten auch gleich das nächste Treffen aus, das auf einem Assentamento (Besetztes und schon anerkanntes Land) der MST stattfinden soll. Darauf freue ich mich schon sehr.
Vor allem war das Treffen auch für die Kinder super, da die ganze Woche unter dem Thema „Indios“ stand. Am Montag hatten wir schon etwas über die Geschichte des Indigenen Völker Brasiliens gehört und Indios früher und heute verglichen. Es tut mir im Nachhinein total leid, aber als ich gefragt wurde, ob es in Deutschland indigene Stämme gibt musste ich ziemlich Lachen, eigentlich sind wir Europäer ja die Bösen in dieser Geschichte.

historia dos indios
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Am Mittwoch schauten wir einen Film über ein indigenes Mädchen, das dazu bestimmt wurde, den Regenwald zu beschützen. Ich fand den Film wirklich gut, trotzdem hätte ich mir einen Film gewünscht, der mehr auf das Leben der Indios eingeht und etwas mehr Inhalt übermittelt, außer dass der „weiße Mann“ den Regenwald plattmachen will.
Am Donnerstag spielten wir dann Indiaca bzw. Peteca, dieses Spiel hat tatsächlich südamerikanische Wurzeln, das wusste ich bisher auch nicht, aber jetzt im Nachhinein wird es mir auch klar „INDI-aca“. Der Indiaca besteht aus Palmblättern und Federn, die Kleinen wollten unbedingt damit posen.

peteca

Alles in allem war die Woche wahnsinnig interessant und ich freue mich riesig darauf, wenn die beiden Indios wieder kommen und uns ihre Körperbemalungen usw. zeigen.

In diesem Sinne…
Tchapié an alle, die das hier lesen. Ich freue mich auch über konstruktive Kritik oder Kommentare.
Beijos Lise



Mittwoch, 16. September 2015
Hinfallen. Aufstehen. Krone richten. Weitergehen.
Donnerstag, 10. September

Ich habe lange überlegt, ob ich euch von meinem schlimmsten Tag hier, bis jetzt, erzählen soll. Ich zu dem Entschluss gekommen, dass ich nicht nur die schönen Sachen erzählen sollte, sondern, dass ruhig jeder wissen darf, dass es hier auch Tage gibt an denen es mir nicht gut geht und die mich zum Verzweifeln bringen.
Wie schon zu erahnen ist, war dieser Tag am Donnerstag, im Nachhinein muss ich sagen, ich trage selbst die Schuld dieses beschissenen Tages, aber es hat mich einiges gelehrt und ich denke auch dem Projekt-Team.
Jacke hatte mir morgens eine Nachricht geschrieben, dass ihr Bus auf dem Weg nach Hause von einem Fest am Abend vorher eine Panne hat und sie es wohl nicht rechtzeitig ins Projekt schaffen wird. Dann meinte sie noch, ich solle die Kinder nach Hause schicken. Leider habe ich die Nachricht falsch verstanden (teilweise auch aufgrund einer sehr nachlässigen Schreibweise). Ich dachte, ich solle die Kinder einfach beschäftigen, bis Jacke dann nachkommt. Das habe ich dann auch gemacht.
Als ich kurz weg war, haben einige Kinder die Fliesen, die ich gerade eben erst geputzt hatte wieder schmutzig gemacht, dann bin ich hingegangen, habe gefragt, ob sie wissen wer das wieder sauber macht und ohne einen Mucks von sich zu geben haben sie dann abwechselnd geputzt. Nachdem das erledigt war hatte ich das Gefühl, sie respektieren mich ein bisschen mehr, denn es war ruhiger und eigentlich auch kaum anstrengend. Ich habe die ganze Zeit vermeintlich auf Jacke gewartet (sogar Sanzio dachte, sie kommt einfach nur später) und auch keiner der Austauschteilnehmer kam. So blieb ich die ganze Zeit alleine mit 13 Kindern. Da niemand kam, konnte ich auch kein Lanche kaufen gehen, deshalb gab es für die Kinder nur bedauerlicherweise nur Kekse und Saft, was mir unendlich leid tut, aber ich habe mich einfach nicht getraut zu gehen, das wäre noch viel Verantwortungsloser gewesen.
Als Mini Actividade haben wir darüber geredet, warum Zähne putzen wichtig ist und ein kleines Mandala angemalt.
Am Ende des Vormittags war ich eigentlich ganz froh und auch ein bisschen stolz, dass ich alles allein gemeistert habe.
Mittags dann bekomme ich eine Nachricht, eine Mutter hätte sich im
Projekt gemeldet, ihr Kind sei heulend nachhause gekommen. Die Jungs hätten sich im Projekt geprügelt und einer hätte ihm in den Rücken getreten. Nachdem ich dann mehr oder weniger zusammengeschissen wurde, es sei Jackes Verantwortung und ob ich nicht aufgepasst hätte, war der Tag für mich gelaufen. Leider war ich alleine zu Hause, sodass Rat in Deutschland gesucht habe. Später als Jacke dann meinte, dass könne jedem passieren, sie prügeln sich immer, wenn man nicht sieht, war es bei mir schon vorbei.
Als ich abends zur Teambesprechung kam dauerte es keine 5 Sekunden bis ich heulend in Veras Armen saß. Vor allem an diesem Tag wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, dass wir einander hier haben, das hätten wir, glaube ich, beide anfangs nicht gedacht, aber jetzt bin ich wahnsinnig froh jemanden zu haben, der mich versteht. Danke Vera!
Im Team haben wir nochmal geredet und auch das Missverständnis aufgedeckt. Ich glaube, daran muss ich mich gewöhnen, aber Gefühle werden nur über WhatsApp mitgeteilt, so bekam ich danach noch eine Nachricht, in der Jacke vorschlug, die Regeln mit den Kindern zu wiederholen und nochmal über das Geschehene zu reden. Das fand ich wirklich nett, vielleicht respektieren mich die Kinder dann ein bisschen mehr.
Jetzt im Nachhinein weiß ich, dass ich zum größten Teil selbst schuld bin und lieber dreimal nachfragen sollte, auf der anderen Seite hätte ich nicht gewusst, was ich den Kinder sagen sollte, denn „freigeben“ ist meiner Meinung nach der falsche Begriff für ein Projekt, das jeden Tag aufs Neue freiwillig besucht wird. Ich denke auch, wenn er schon geweint hätte, als wir uns im Projekt verabschiedetet haben, hätte ich das sicher gemerkt.
Dem Jungen geht es übrigens gut, schon am nächsten Tag hat er mich mit einem strahlenden Gesicht vor seiner Schule begrüßt.

Beijos
Professora Lise



Donnerstag, 10. September 2015
7 de Setembro
Endlich gibt es wieder etwas zu berichten.
Die letzte Woche haben wir im Projekt dem Thema „Unabhängigkeitstag“ gewidmet. Am Montag hat Barbara den Kindern (und mir natürlich auch) die Geschichte, wie Brasilien von Portugal unabhängig wurde, anhand von kurzen Filmen erklärt.
Hier die Kurzfassung für Euch: Der portugiesische König musste nach der Niederlage Napoleons wieder nach Europa zurückkehren. Seinen Sohn, Dom Pedro, ließ er zurück, dieser wollte die koloniale Abhängigkeit aber vollends auflösen und hatte deshalb die Nationalbewegung unterstützt. Am 7. September erklärte er dann die Unabhängigkeit mit dem Ausruf: „Independência ou Morte“ (Unabhängigkeit oder Tod), nur 5 Wochen später wurde er zum ersten Kaiser Brasiliens gekrönt.
Was mir gerade auffällt ist, dass ihr mit den 3 Sätzen zur Unabhängigkeit Brasiliens schon mehr informiert seid als viele Leute hier. Leider muss ich oft feststellen, dass Themen nur Oberflächlich behandelt werden, unglücklicherweise auch im Projekt. Manchmal macht mich das traurig. Ich habe immer das Gefühl etwas falsch verstanden zu haben, doch in Wirklichkeit wird tatsächlich nur die halbe Geschichte erzählt.
Am Dienstag haben wir mit den Kindern einen Banner mit der Aufschrift „Projeto Gonçalinho“ erstellt, den wir zum Umzug am Unabhängigkeitstag (Sete de setembro) mitnahmen.



Den Mittwoch haben wir dafür verwendet, Schwerter und Steckenpferde zu basteln, was mir persönlich sehr viel Spaß gemacht hat. Leider hat man hier wieder gemerkt dass sich auch die Betreuerinnen nicht so sehr in der Geschichte auskennen, hatten die Offiziere damals nicht Degen? Jedenfalls hatten die Kinder der Gruppe am Morgen Schwerter und die Nachmittagskinder Degen für das Minitheaterstück, mit dem wir unsere Projektwoche abschlossen.

theater

pricsila com cavalinho

Für uns „Professoras“ war mit dem Theaterstück das Projekt noch nicht vorbei. Am Samstag trafen wir uns zusammen mit den Teilnehmern des Brasilien-Deutschland-Austausches um Plakate für den Umzug am Montag zu basteln. Für die sozialen Projekte Brasiliens stand der Marsch unter dem Motto: Leben an erster Stelle – Was ist das für ein Land, das Menschen tötet, die Medien belügt und uns vernichtet?
Vera und ich haben uns viel mit diesem Thema beschäftigt und das dann versucht die Leitfrage auf die Situation der Kinder und des Projektes zu beziehen. Zum einen haben wir uns sehr auf die Bildung in Brasilien fokussiert, die leider einem niedrigen Standard entspricht. Nur durch ein niedriges Bildungsniveau ist es möglich, dass die Regierung so viel vor den Menschen verbergen kann, denn die Leute glauben, was sie mit den Medien aufnehmen. Uns ist schon oft aufgefallen, dass in vielen Haushalten beispielsweise den ganzen Tag der Fernseher läuft.
Ein anderes wichtiges Thema speziell für uns ist die Straße, denn der Grundgedanke des Projektes ist ja, die Kinder vom Leben auf der Straße fernzuhalten, denn der Staat schafft es nicht, sich darum zu kümmern, aus diesem Grund haben wir ihm die Frage gestellt: „Quem protege nossas crianças?“ („Wer schützt unsere Kinder?“)

fazer cartaz

Der Feiertag am 7. September begann für uns um 8 Uhr mit dem Umzug, alle städtischen Einrichtungen (Polizei, samt Militär, Feuerwehr, sämtliche Schulen,…) zogen an uns vorbei. Nachdem auch ein Haufen Schulbusse vorbeigefahren waren, reihten sich alle Vertreter des Goncalinhoprojekts ein. Irgendwie wurde uns immer erklärt, dass alle sozialen Einrichtungen am Ende laufen, auch mit „Protestplakaten“ aber irgendwie waren wir dann doch die Einzigen. Ich fand es schade, dass viele Leute schon am Gehen waren und wir kaum beachtet wurden, doch als wir an der Bühne vorbeigelaufen sind, und der Sprecher ins Mikrophon sagte die Leute sollen nicht gehen, alle Plakate vorgelesen hat und die Leute laut klatschten, hatte ich wirklich einen Gänsehautmoment. Wir waren die Einzigen, die tatsächlich eine Meinung repräsentierten und nicht nur mitliefen, ich glaube, das hat uns alle ein bisschen stolz gemacht. Widererwartend ging der Marsch nur ein paar hundert Meter und löste sich schon wieder auf, aber das war nicht so schlimm, die Sonne brannte und das Projekt hat die erhoffte Aufmerksamkeit bekommen.

Sete de Setembro
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na desfilha


Parabéns para todos que participarem! Glückwunsch an alle, die dabei waren!
Beijos Lise



Mittwoch, 26. August 2015
langes wochenende...
Unsere freien Tage begannen wir am Freitag mit einem deutschen Mittagessen.
Der Nudelauflauf sollte eigentlich für meine Gastfamilie und zusätzlich Veras Gastschwester sein, doch wie das in Brasilien so ist, läuft nichts nach Plan, so saßen Vera und ich nur mit Rafaela am Tisch. Meine Gastmutter verpasste das Essen, Bia hatte spontan doch zu viel zu tun und Manu lag mit Rückenschmerzen im Bett. Trotzdem war der Auflauf sehr lecker, dazu gab es Gemüse und eine viel zu scharfe Tomatensoße. Beim nächsten Mal einkaufen bin ich auf jeden Fall ein Stückchen klüger, lieber den hier sogenannten „Mozzarella“ kaufen, der schmeckt zwar auch nach nichts (und das von mir Mama ;)) aber der zerläuft wenigstens. Außerdem nie wieder Gemüse im großen Supermarkt kaufen, kleine Frutarias haben mehr und billigere Auswahl. Zum Nachtisch gab es Apfelküchle, die supergut ankamen, mit viel Zucker und Zimt waren sie sogar meiner Gastmutter süß genug, die sonst bei meinen Säften den fehlenden Zucker bemängelt.

Nudelauflauf kochen

Nach dem Zumba ging es mit Mateus und Lucas auf einen kleinen Markt, der Universität, dort trafen wir den Maler Sebastião Mendes wieder, der schon ein paar Mal mit dem Gonçalinho – Projekt zusammengearbeitet hat. Dieser hat uns gleich noch seinen Neffen vorgestellt, der auch professioneller Maler ist und uns gleich in sein Atelier eingeladen hat, um seine neusten Werke zu begutachten. Mir persönlich gefallen die Gemälde von Salvio Junior besser, für mich haben sie mehr Ausdruck und sind nicht so eintönig, wie die seines Onkels. (Falls Euch die Beiden interessieren, sind sie auch auf Facebook zu finden)
Gestern (Montag) ging es auf einen Ausflug zum Lago Azul (Blauer See), warum dieser See so heißt kann man von außen nicht sehen, doch wenn man unter Wasser die Augen öffnet weiß man schnell woher der See, der aus einem Fluss entstand, seinen Namen her hat. Dieses himmelblaue Strahlen konnte ich leider nicht für Euch einfangen, doch ich hoffe ihr könnt Euch vorstellen, wie schön es ist, in diesem See zu tauchen. Nach dem Churrasco und einer erneuten Baderunde haben wir uns wieder auf den Weg nach Cáceres gemacht, leider kommen die Busse in Brasilien nicht sehr pflichtbewusst, deshalb mussten wir fast zwei Stunden an der Straße auf den Bus warten, wir hatten aber trotz großer Müdigkeit sehr viel Spaß beim Warten.

wartenwartenwarten

Auf dem Weg nach Hause haben Vera und ich spontan beschlossen, früh am nächsten Morgen mit drei Kumpels angeln zu gehen. Es war ausgemacht, wir werden um 5 Uhr bei mir abgeholt, gekommen sind sie schließlich viertel vor 6. Merke: Einfach immer eine halbe Stunde später aufstehen, das reicht immer noch locker und wenn nicht, dann müssen die Anderen kurz warten, die rechnen ja wahrscheinlich schon damit. Nach einer abenteuerlichen Fahrt auf Staubstraßen mit unendlich vielen Schlaglöchern sind wir schließlich am Rio Paraguay irgendwo im nirgendwo angekommen. Nach mehreren Stunden langweiligen Wartens habe ich meinen ersten und einzigen Fisch gefangen und gleich ausgenommen.

Mein erster Fang

ausnehmen
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Legal kkk :D

Als die Jungs auch ein paar Fischchen zusammenhatten, wurden die Fische frittiert und wie kann es auch anders sein mit Reis gegessen. Seeeehr lecker!!
Der Tag war insgesamt für Vera und mich nicht sehr erfolgreich, aber als Angelneulinge sollte man glaube ich auch nicht zu viel erwarten. Trotzdem war der Tag großartig.

Jetzt freue ich mich auf die nächsten zwei Tage, an denen ich ganztags im Projekt sein werde.
Até mais! Lise



Montag, 24. August 2015
eingelebt.
Wenn ich um 11:15 Uhr vom Projekt mit dem Fahrrad nach Hause fahre erwartet mich meine Gastmutter schon und wir bereiten gemeinsam das Mittagessen vor. Bis jetzt kocht sie und ich mache „Suco“ (Saft), Salat und decke den Tisch. Dann essen wir normalerweise gemeinsam Reis, Bohnen und irgendein Fleisch, meistens gibt es auch Gemüse, weil ich das so gerne mag. Um die Mittagszeit macht mich die Hitze wahnsinnig müde, deshalb habe ich selten Lust wieder aufzustehen, wenn ich mich nach dem Essen aufs Sofa lege.
Das macht mir oft ein schlechtes Gewissen, ich mag die Kinder total gerne, aber manchmal ist es einfach nur anstrengend ins Projekt zu fahren und mit ihnen zu spielen. Bei den Actividades tue ich mich leichter. Diese Woche war das Thema im Projekt: „Gemüsegarten“.
Am Montag haben wir mit den Kindern darüber gesprochen, welches Obst und Gemüse sie gerne mögen und was man möglicherweise im Projektgarten pflanzen könnte. Die Kinder hatten sehr gute Ideen, wie beispielsweise Kopfsalat oder Karotten. Also haben Vera und ich alle Ideen der Kinder für die Englischstunde am Dienstag übersetzt. Den Kindern haben wir dann anhand von Bildern die Englischen Begriffe beigebracht.

Aula de Inglês

Am Mittwoch wurde das Unkraut im und um das Beet herum zusammen mit den Kindern entfernt. Trotz der Hitze hatten alle Spaß an der Arbeit. Nach dem Aufräumen haben die Kinder uns gezeigt, wie man Pipa (Drachen) bastelt. Voller Eifer haben die Kinder aus Bambusstäben Gerüste gebaut und mit dünnem buntem Papier beklebt.

Drachen basteln

Am Donnerstag waren wir mit den Kindern auf dem Fußballfeld, das sich direkt hinter dem Projektgelände befindet, um Drachen steigen zu lassen. Bei dieser Gelegenheit hat mir Tati, die am Austausch mit dem Dietrich-Bonhoeffer Gymnasiums teilnimmt, erzählt, dass es viele Kinder gibt, die die Schnur des Drachen mit kleinen Glassplittern bekleben und damit ein gefährliches Spiel spielen. Sie versuchen dann mit ihrer Schnur den Faden des anderen zu durchschneiden. Schon oft haben diese Schnüre schlimme Schnitte an Vorbeifahrenden und- laufenden hinterlassen. Es gab sogar Fälle, bei denen Menschen gestorben sind, weil diese scherbenbesetzten Schnüre ihnen die Kehle aufgeschnitten hat. Seit sie mir das erzählt hat habe ich Angst an Kindern vorbeizufahren, die mit Drachen spielen, denn es ist nur schwer zu erkennen, ob die Fäden mit Splittern besetzt sind.

Soltar pipa..Drachen steigen lassen

Die nächste Woche beginnt mit einem Feiertag, an dem der Schutzheilige (Sao Luiz) der Stadt Cáceres geehrt wird. Für die Kinder ist das ein Grund zur Freude und auch wir können uns bis Dienstag erholen, denn in Brasilien bekommen die Kinder auch am Tag vor oder nach dem Feiertag schulfrei. Warum war das zu meiner Schulzeit nie so?!
Bis Bald! Até logo!
Lise



Freitag, 21. August 2015
20 anos MST Mato Grosso
Schon nach zwei Wochen in Brasilien ging es für Vera und mich nach Cuiaba zum 20-jährigen Jubiläum der MST (Movimento dos Trabalhadores Rurais sem Terra). Diese Bewegung Landloser besetzt seit 20 Jahren in Mato Grosso ungenutzte Landfläche und kämpft jahrelang um diese Flächen, bis sie den Eigentümern aberkannt und ihnen zugesprochen werden.
Leider habe ich an den vier Tagen, die wir in Cuiabá verbracht haben kaum etwas verstanden. Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, dass es ziemlich schwer ist politische Reden in einer fremden Sprache zu verstehen. Das ließ mich oft enttäuscht irgendwo herumsitzen. Dazu kam noch der Lärm und die Hitze, die in Cuiabá noch unerträglicher ist.
Sanzio hat uns ein bisschen etwas erklärt, zum Beispiel, dass Brasilien gerade seit 2 Jahren in einer politischen Krise steckt, weil die meisten PT-Anhänger (Arbeiterpartei) unzufrieden mit der Politik Dilmas sind, da sie nicht umsetzt was sie verspricht und so die sozialen Verbände auch in eine Krise zieht. Es waren Vertreter von verschiedenen Organisationen da, die erzählt haben was für verschiedene Auswirkungen die Agrarreform haben wird und warum es sich lohnt sich dafür einzusetzen. Insgesamt haben glaube ich alle dafür geworben, die PT weiter zu wählen, bin mir aber nicht sicher.
Die Stimmung war natürlich sehr emotional, weil sie die Erfolge der 20 Jahre und die Verluste, also Leute die dabei gestorben sind, in Erinnerung geholt haben. Man hat ihnen ihren Stolz ansehen können. Die ganzen Kampfrufe fand ich am Anfang ein bisschen komisch, aber ich glaube dass die Gemeinschaft, die dadurch entsteht den Leuten total viel Kraft gibt, weil alle einen ähnlichen Kampf hinter sich haben.
Ein bisschen habe ich mich fehl am Platz gefühlt, aber es ist mir bewusst geworden, welches einfache Leben mir in die Wiege gelegt wurde, natürlich muss ich für meine Existenz arbeiten, aber ich werde hoffentlich nicht mein altes Leben in einer Nacht zurücklassen müssen, um irgendwo noch einmal von Null anzufangen, immer mit der Angst verjagt zu werden. Ich habe also die Festtivitäten aus der Besucherposition verfolgt und keine Kampfsprüche mitgesprochen, oder meine linke Faust gehoben. Nicht weil ich es nicht total gut finde was die Menschen dort machen und wie sie die Gemeinschaft präsentieren, sondern weil ich die ganze Zeit das Gefühl hatte, ich werde ihre Gefühle und Intentionen nie richtig nachvollziehen können, ohne jemals selbst diesen Kampf durchgemacht zu haben.
Aber was wäre ein brasilianisches Fest ohne Musik und Tanz? Nach endlosen Vorträgen wurde abends getanzt und getrunken. Wie ihr wisst bin ich eine Niete im Tanzen, aber ich habe ja jetzt ein Jahr Zeit um es zu lernen. Ihr werdet es nicht glauben aber ich wurde sogar zum Tanz aufgefordert, von dem zuckersüßen elfjährigen Rodrigue „Danca comigo“, der war wenigstens nicht so anspruchsvoll.
Nach vier Tagen portugiesischem Input ging es dann letzten Sonntag völlig erschöpft und wieder zurück nach Cáceres.

Beijo Lise

"Lutei pelo bom, pelo justo e pelo melhor do mundo." - Olga Bernário

(Gekämpft für das Gute, für Gerechtigkeit und für eine bessere Welt)

MST 20 anos



Donnerstag, 20. August 2015
Endlich angekommen
Mein Plan nach dem Abi:
Ein Jahr lang in einem brasilianischen Kinderprojekt im Staat Mato Grosso arbeiten.

Ich habe mich solange darauf gefreut und endlich ist der Tag gekommen, der Flug nach Brasilien steht an.
Die Zeit kurz vor dem Abschied konnte ich mit meinen Freunden und meiner Familie wunderbar genießen. Danke Euch allen! Obwohl ich mich so sehr auf dieses Jahr gefreut habe, habe ich im Hinterkopf immer noch den Gedanken "Ein Jahr ist so lange...was da alles passieren kann in dieser Zeit.." Es gab immer wieder kleine Panikattacken, die mich heruntergedrückt haben, aber auch Augenblicke in denen ich die ganze Welt umarmen hätte können.
Zum Glück bin ich nicht alleine auf dem Weg in dieses riesige Land, Vera, die mit mir in dem Projekt arbeiten wird, hatte die gleichen Anfälle und so konnten wir uns gegenseitig beruhigen und uns auch zusammen freuen.

Um in Cáceres, unserem neuen Wohn- und Arbeitsort, anzukommen haben wir insgesamt über 24 Stunden gebraucht. Mit dem Flugzeug ging es über Paris nach Sao Paulo und schließlich nach Cuiabá, wo wir bei einem netten Pärchen übernachteten, um am nächsten Morgen mit dem Bus nach Cáceres zu fahren. Die Reise war zwar sehr anstrengend, aber trotzdem war es wahnsinnig erleichternd, dass es keine Komplikationen gab.

Vom Busbahnhof in Cáceres wurden wir von unseren Gastschwestern, dem "Mann für alles "des Projektes und dessen Freundin abgeholt.
Da ich schon im vergangenen Sommer fünf Wochen in dieser Gastfamilie gewohnt habe, war die Begrüßung sehr herzlich. Für mich war das Ankommen überraschend emotional, es hat sich nicht angefühlt, wie es sich anfühlt, wenn man an einen relativ fremden Ort kommt und dort wohnen soll. Es hat sich angefühlt, wie nach einer langen Reise nach Hause zu kommen. Ich habe das kleine, süße, gelbe Haus ins Herz geschlossen und vor allem auch die Familie die darin lebt, meine Gastmutter, ihre Tochter und deren Nichte, ein Haus voller Mädels also.
Es hat sich kaum etwas verändert und ich konnte das gleiche schuckelige Zimmer wie letztes Jahr beziehen.
Nicht einmal die Kakerlake im Bad konnte mich erschüttern, ich war einfach zu glücklich an diesem ersten Tag, in dem Ort der nun ein Jahr lang mein Zuhause sein wird...

Beijos Lise

Total kaputt, aber glücklich in Sao Paulo angekommen.